Innenstadtsortimente 2024: Marktvolumen wächst, aber stationärer Handel verliert

Ob GALERIA, Esprit oder Görtz: Der innerstädtische Handel steckt in einer tiefen Krise. Seit den pandemiebedingten Schließungen in den Jahren 2020 und 2021 ist das Problem größer als je zuvor. Wie stark die klassischen Innenstadtsortimente darunter leiden und welche Auswirkungen dies auf die Fachhandelsbranchen in stationären Geschäften und online hat, untersuchen IFH KÖLN und die BBE Handelsberatung im neuen Branchenbericht „Innenstadtsortimente 2024“. Die Handelsexperten analysierten die sieben für Innenstädte relevanten Sortimentsbereiche. Ihre Ergebnisse zeigen: Abgesehen vom Pandemiejahr 2020 konnte das Marktvolumen der innenstadtrelevanten Sortimente insgesamt wachsen und erreichte 2023 etwa 214 Milliarden Euro. Diese Entwicklung ist nicht für alle Vertriebswege positiv: Der Internethandel konnte zwischen 2019 und 2023 um etwa neun Prozent (CAGR 8,6 %) zulegen, während die Umsätze des rein stationären Handels um zwei Prozent sanken.

Grafik Marktvolumen Innenstadtsortiment Differenziert / Quelle: IFH Köln
Quelle: IFH Köln

„Viele Einkäufe, die Kund:innen früher in der Stadt erledigten, finden heute online statt. Die Probleme des stationären Handels wegen dieser Verlagerung sind bekannt. Wir Handelsforscher:innen müssen jedoch weiterhin darauf aufmerksam machen und genau hinsehen. Denn mit immer mehr innerstädtischen Schließungen wandeln sich unsere Städte und beeinflussen unser Leben und Zusammenkommen durch den Handel“, äußert Lukas Reischmann, Senior Consultant Strategie bei der BBE Handelsberatung.

Sinkende Frequenzen, zunehmende Schließungen

Sind weniger Umsätze auf weniger Kundschaft zurückzuführen? Die Passantenfrequenzen vor der Pandemie wurden in den meisten Innenstädten nicht wieder erreicht. Laut den Frequenzmessungen von hystreet verzeichnen auch 2024 die Top-Lagen Einbußen. Die Schildergasse in Köln registrierte beispielsweise minus 4,2 Prozent verglichen mit 2019 (jeweils die ersten acht Monate der Jahre). Zudem zeigt sich eine noch stärkere Abwärtstendenz bei der Anzahl der innenstadtrelevanten Unternehmen. Von 130.000 Filialisten und kleinbetrieblichen Einzelhandelsunternehmen (ohne Outlet-Formate) der analysierten sieben Innenstadtsortimente im Jahr 2010 sind 2023 noch rund 89.300 übrig geblieben. Besonders betroffen ist die klassische Innenstadtbranche Fashion: Seit 2010 hat fast jedes zweite (45 %) Modeunternehmen im stationären Handel geschlossen.

„Wenn der Abwärtstrend in den Innenstädten umgekehrt werden soll, müssen Handel, Politik und Wirtschaft eng zusammenarbeiten. Denn es ist ein Teufelskreis: Weniger Geschäfte locken weniger Menschen in die Stadt und weniger Menschen führen wiederrum zu weniger Umsatz in den Läden und weiteren Schließungen. Multifunktionale Innenstädte zeigen heute bereits, dass sie attraktiv und einladend sind. Wir brauchen Orte zum Verweilen, zum Face-to-Face-Austausch“, plädiert Dr. Susanne Eichholz-Klein, Mitglied der Geschäftsleitung am IFH KÖLN.